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Jan Schultz·8. November 2019

Wochenschau: Der Fußball hat nicht nur ein hässliches Gesicht!

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Rassismus hier, Trainerentlassung da, dazwischen zahlreiche Verletzungen. Man könnte meinen, dass im Fußball irgendwie alles schlecht ist. Dabei kann unser aller liebstes Hobby doch so viel mehr.

Es sind zumindest jene negativ konnotierte Meldungen, die das Tagesgeschäft dominieren. Dafür gab es zuletzt mal wieder zahlreiche Beispiele. Allen voran hat das der Wirbel in München gezeigt. Wobei die Trennung von Niko Kovač mitsamt des Hin und Hers um mögliche Nachfolger wie Arsène Wenger eher einem alles vernichtenden und jegliche Aufmerksamkeit einsaugenden Hurrikan gleichkommt.


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Zwar hatte dieser aus Sicht vieler Bayern-Anhänger auch etwas Positives, schließlich wurde der in Teilen wenig bis gar nicht geschätzte Trainer vor die Tür gesetzt. Unter dem Strich ist dies aber das Endprodukt von falschen Entscheidungen – und damit eine negative Meldung.

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Diese war mit all ihren Begleiterscheinungen zugleich so gewaltig, dass scheinbar noch weniger Platz als sonst für die ohnehin schon an den Rand der Wahrnehmung gedrängten positiven Nachrichten blieb. Dabei gab es diese auch in den vergangenen Tagen wieder, eine ganz besondere spielte sich sogar direkt vor der FCB-Haustür ab.

Denn da war doch tatsächlich ein Frankfurt-Fan angereist, um seinem ehemaligen Coach sein Mitgefühl auszudrücken. Und zwar mit selbst gebackenem Kuchen. Welch herzerwärmender Gedanke. Und das in Zeiten, da den Verein verlassende Personen gerne als Verräter oder Judas geächtet werden. „Ich wollte mich bei Kovac damit für seine Zeit bei der Eintracht bedanken“, erklärte der SGE-Anhänger anschließend.

Diese Geschichte machte allerdings kaum die Runde – anders als die spontane Reaktion des Fans, als er den Deutsch-Kroaten nicht antraf und den mitgebrachten Kuchen daher in einer Brotbüchse bei einem Vereinsmitarbeiter abgab. Vor laufenden Kameras zeigte er anschließend nämlich ebenso stolz wie ausgiebig seinen Eintracht-Schal.


Eine üble Meldung erreichte die Fußball-Fans auch aus Liverpool, wo Heung-Min Son André Gomes in einem unglücklichen Zweikampf das Sprunggelenk brach. In diesem schrecklichen Moment folgte aber eine wunderbar menschliche Reaktion, die im Fußball ebenso weit vom Alltäglichen entfernt ist wie die Deutsche Bahn von pünktlich ankommenden Zügen.

Der Südkoreaner brach in Tränen aus, weil er von den ungewollten Konsequenzen seines Einsteigens dermaßen schockiert war. Letztlich wurde er sogar von Everton-Spielern getröstet. Unter der Woche setzte Son schließlich ein weiteres positives Zeichen, als er nach einem seiner Treffer in Belgrad nicht jubelte, sondern sich ob Gomes‘ Verletzung entschuldigend vor einer Kamera aufbaute.


Dann wäre da auch noch das Comeback von Clemens Tönnies. Der Schalker Boss kehrte schließlich nach seiner dreimonatigen Zwangspause zurück, die er sich wegen seiner rassistischen Aussagen eingebrockt hatte.

Dass diese hochgradig falsch waren und nicht nur nach dem Geschmack vieler S04-Fans zu einer drastischeren Strafe hätten führen müssen, ist seit Monaten bekannt und breit diskutiert. Da die Entscheidung gerade bei den königsblauen Anhängern für Unmut gesorgt hat, ist deren erneute Empörung zur Rückkehr Tönnies‘ nun verständlich.

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Dass sich der Vereinsboss dabei aber positiv geäußert hat, wird damit klar in den Schatten gestellt. „Ich sehe uns alle in Europa in der Pflicht, etwas für Afrika zu tun“, sagte der 63-Jährige gegenüber der ‚Bild‘ und kündigte zugleich an, „in erster Reihe“ mitzuarbeiten.

Natürlich könnten das kühle und nur mit Kalkül gewählte Worte sein, denen keine Taten folgen – das wird erst die Zukunft zeigen. Vorerst ist es aber ein tatsächlich positiver Hinweis. Aber das wird gerne beiseite gewischt, schlechte Nachrichten oder negative Kommentare ziehen schließlich immer besser.


Das wiederum ist kein exklusives Phänomen des Fußballs, vielmehr verdeutlicht es nur, wie sehr der Fußball in dieser Hinsicht einmal mehr ein Spiegelbild der Gesellschaft ist.

#gedENKEminute

Deutlich wird das auch mit Blick auf das traurige Jubiläum von Robert Enkes Suizid. Der tragische Fall bewegte vor zehn Jahren ganz Fußballdeutschland und stieß kurzfristig eine Debatte bezüglich des Umgangs mit der Volkskrankheit an, die eben selbst vor Leistungssportlern nicht Halt macht.

Weil der Fußball aber ebenso wie alles andere schnell wieder in seine alltäglichen Muster der Dominanz von negativen Meldungen zurückfiel, blieb von diesem Bewusstsein nicht viel übrig. Depressionen sind weiterhin weitestgehend ein Tabu-Thema – generell in der Gesellschaft und speziell auch im von Leistungsdruck dominierten Fußball.

Von der 1. Bundesliga bis zur Kreisklasse wird daher an diesem Wochenende mit einer Kampagne noch einmal erinnert – und vor allem ein Zeichen für den richtigen Umgang mit Depressionen gesetzt.

Wenngleich diese Initiative auf einem unfassbar traurigem Schicksal fußt, so führt es zumindest aktuell zu einer positiven Verarbeitung. Eine, von der andere Erkrankte hoffentlich profitieren. Das sind dann die Geschichten, die viel häufiger gelesen und geschrieben werden sollten. Denn der Fußball schafft sie.