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Matti Peters·24. August 2019

Wochenschau: Was die Fußballbranche mit einem Kindergarten verbindet

Artikelbild:Wochenschau: Was die Fußballbranche mit einem Kindergarten verbindet

In der Welt des Fußballs werden wir als Zuschauer, Leser oder Hörer tagtäglich mit bühnenreifem Schauspiel, fragwürdigen Entscheidungen oder beinahe unbeschreiblichen Emotionen konfrontiert.

Das schillernde Fußballgeschäft trägt mittlerweile viele Beinamen und das auch zurecht. In den vergangenen sieben Tagen erinnerte es uns aber vor allem an einen Kindergarten, wie er im Buche steht.


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Wir fühlten uns in eine Lebensphase zurückversetzt, bevor wir überhaupt an Fußball gedacht haben oder gar wussten, was es mit der runden Pille so auf sich hat – in die Krippenzeit oder später in den Kindergarten.

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Die Verhaltensweisen der Ein- bis Sechsjährigen unterscheiden sich, wenn überhaupt, nur minimal von denen, die uns die Akteure der beliebtesten Sportart dieses Planeten Tag für Tag vor Augen führen. Nehmen wir mal einige Geschehnisse der vergangenen Woche beim FC Bayern München als Beispiel.

Die diebische Freude eines gewissen Herrn Salihamidžić, seines Zeichens Sportdirektor beim deutschen Rekordmeister, als er den Neuzugang von Weltformat mit Philippe Coutinho an der Säbener Straße vorstellte, kam dem Spielzeugtag der Kita XY gleich. Der Tag, an dem die kleinen Emils und Ernas dieser Welt ihre neue Barbie oder ihren neuerworbenen Matchbox dem Rest der Gruppe Wühlmäuse präsentieren durften.

„Seht mal her, wen ich tolles bekommen habe“, schrie es förmlich aus Brazzo heraus, ohne dass er es überhaupt sagen musste. Man kann es dem Manager aber auch nicht wirklich verdenken. Zu oft saß er in den vergangen Transferperioden wie der kleine Emil im Krippenkreis und musste mit ansehen, wie andere Kinder ihre neuen Errungenschaften präsentierten, während er selten etwas vorzuweisen hatte.

Die mediale Reaktion erinnerte dabei an den umtriebigen Buschfunk, der im Garten einer Kindertagesstätte schnell die Runde machte, wenn ein Kind ein besonders cooles Laufrad zur Schau stellte. Hierzulande wurde das Leihgeschäft von einem der großen Barça-Stars zum FC Bayern schon wie der Ronaldo-Transfer nach Italien zu Juventus Turin gefeiert.

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Im Fall von Renato Sanches hatte man hingegen eher den bockigen Janosch vor Augen, der sich partout nicht zum Mittagsschlaf legen wollte. Der Portugiese betonte nicht selten, dass er gerne den Verein wechseln wolle. Er will doch nur spielen.

Pädagogisch nicht wirklich wertvoll, aber im Sinne der Gruppenharmonie durfte er gehen. Der OSC Lille ist nun seine neue Kita. Nicht zuletzt spielen im vollends kommerzialisierten Fußball ja auch Transfererlöse eine entscheidende Rolle.

Real Madrid hatte hingegen in den letzten Wochen schon so einige Spielzeugtage erlebt. Bei den Königlichen konnte man aber auch ein anderes Verhaltensmuster aus dem Kindergarten entdecken. Die Transfergeschichte um ein ehemaliges Barcelona-Juwel verdeutlicht das perfekt.

Takefusa Kubo, ein sogenanntes Jahrhunderttalent, wurde von Klub-Boss Florentino Pérez aus dem zukünftigen Baukasten des FC Barcelona förmlich entwendet und kurzerhand in die Spielecke der Madrilenen integriert.

Böse Zungen würden behaupten, dass die Spanier den noch nicht vollwertig geformten Baustein für den großen Bauwettbewerb erstmal ihr Eigen nennen wollten, nur um ihn dann an einen weniger gefährlichen Baukasten abzugeben – den RCD Mallorca. Die einen würden dies als höchst gönnerhaft bezeichnen, die anderen eher als berechnend und wohlkalkuliert.

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Zum Ende der Zeit in der kindlichen Herberge haben die meisten Sprösslinge dann schon einen ganz eigenen Charakter entwickelt. Emotionale Reaktionen stehen nun mehr denn je an der Tagesordnung. Ein Zögling, nennen wir ihn Christopher, entpuppt sich dabei in jeder Gruppe als kleiner Anführer.

Einer der sich schützend vor seine Rabaukenfreunde stellt, wenn es beim Wandertag zum Aufeinandertreffen mit anderen Gruppen kommt. Bevor das Gelächter über Christians Vokuhila mit dem markanten Rattenschwanzzopf oder Kevins übergroße Hornbrille ausbrechen konnte, war er zur Stelle.

So wie Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt, dem der mediale Umgang mit seiner Mannschaft nach dem verpatzten Bundesligaauftakt gegen Fortuna Düsseldorf so gar nicht gefiel.

„Ich fand es nicht bei allen gut wiedergegeben. Wir haben eine Situation, die nicht optimal ist. Optimal wäre, alle sind kerngesund und wir hätten 8:0 gegen Düsseldorf gewonnen. Haben wir nicht. Aber so wie wir gespielt haben, kann mir niemand ernsthaft erzählen, dass alles scheiße war“, polterte er bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim.

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Wie der tapfere Christopher versuchte er, die bereits am ersten Spieltag titulierte „Krise“ aus der Berichterstattung zu verbannen: „Wir antworten nur auf Fragen. Es soll uns sehr früh in der Saison eine Situation eingeredet werden, die weder existent noch in unseren Köpfen ist. Das ist wirklich irre und da muss ich mich brutal vor meine Mannschaft stellen.“ Ein wahrlich heldenhafter Fußballlehrer, wie wir finden.

Was auch immer die nächste Fußballwoche so für uns bereit hält, nichts davon haben die Erzieher und Erzieherinnen unser geliebten Kindertagesstätten nicht schon erlebt. Vielleicht sollten sich die Verbände, Vereine, Manager oder Trainer dieser Fußballwelt mal den ein oder anderen Erziehungstipp bei eben jenen Helden einholen. Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen.


In unserem neuen Format ‚Wochenschau‘ blicken wir gemeinsam auf die abgelaufene Fußballwoche zurück und ordnen die wichtigsten Ereignisse mit Biss und Humor in größere Zusammenhänge ein.