OneFootball
Helge Wohltmann·16. November 2019
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Helge Wohltmann·16. November 2019
Es ist der 16. November 2019 und Uli Hoeneß ist nicht mehr Präsident des FC Bayern München. Doch was macht ein Mann, dessen Lebenswerk hinter ihm liegt mit einer Freiheit, die er so nicht kennt. Die Onefootball-Lifestyle-Redaktion war (fast) ganz nah dran. Hier ist das fiktive Protokoll des ersten Rentner-Tages von Uli Hoeneß. Die Angaben sind natürlich ohne Gewähr.
Der Wecker schellt nicht mehr, doch eine innere Uhr lässt sich nicht so leicht ausschalten. Hoeneß liegt im Bett und starrt an die Decke. Zum ersten Mal seit 40 Jahren kann er einfach liegen bleiben.
Hoeneß starrt immer noch nach oben. Was ist das eigentlich für ein dunkler Fleck da in der Ecke? Die ersten 30 Minuten ohne FC Bayern sind also geschafft. Leise flüstert Hoeneß: „Ich glaube, ich habe einen großen Fehler gemacht.“
Uli hat sich doch noch aus dem Bett geschält. Es muss ja vorangehen. Jetzt erstmal duschen und dann die Semmeln vom Bäcker holen.
Frühstück mit Ehefrau Susanne. Endlich mal nicht nur den Kaffee runter stürzen und ins Büro. Endlich mal in Ruhe die Zeitung lesen.
Anruf bei der ‚Bild‘. Was erlauben sich diese Schmierfinken eigentlich schon wieder? Der arme Brazzo! „Ihr habt doch alle keine Ahnung“, brüllt Hoeneß mit hochrotem Kopf in den Hörer. Die Zeitung liegt zerknüllt im Müll.
„Warum nicht mal was Neues ausprobieren?“, denkt sich Hoeneß und klickt zum allerersten Mal auf den Internet Explorer.
Hoeneß wollte sich bei diesem Google anmelden und hat aus Versehen seinen eigenen Namen gesucht.
Kopfschütteln, Entsetzen, ein Zucken in der Milz: Hoeneß‘ Körper reagiert auf die unbekannten Reize aus dem World Wide Web. Das erste Mal klickt er auf einen Link in der Google-Suche.
Anruf bei seiner ehemaligen Sekretärin. „Suchen Sie mir die Nummern dieser ganzen Online-Schmierfinken und von diesem Twitter raus“, fordert Hoeneß. Es gilt, ein paar weitere Anrufe zu tätigen.
Enttäuschende Antwort aus dem ehemaligen Sekretariat: Keiner der Internet-Journalisten hat einen Festnetzanschluss, zudem muss die ehemalige Kollegin von Hoeneß‘ (Zitat): „Nun wirklich arbeiten.“
Einkaufen mit Susanne. Wer hat denn hier die ganzen HoWe Wurstwaren schon wieder falsch einsortiert? „Hier komme ich ab jetzt jeden Tag vorbei und kontrolliere“, droht Hoeneß dem Supermarkt-Chef. „Ha, die Abteilung Attacke ist zurück“, murmelt er beim Hinausgehen.
Wann ist eigentlich Mittagessen?
Endlich Mittagessen. „Ganz schön lang so ein Tag, nicht wahr“, meint Hoeneß zu seiner Frau.
„Probier es doch mal mit einem Nickerchen“, antwortet Susanne.
„Was ist denn ein Nickerchen?“, fragt Hoeneß irritiert.
„Na, einfach schlafen am Nachmittag“, antwortet sie.
Hoeneß wacht ausgeruht wieder auf, streckt sich und sagt zu Susanne: „Echt super, dieses ‚Schlafen am Nachmittag‘.“
Susanne: „Mensch Uli, das ist ein Nickerchen.“
Was tun mit dem Nachmittag? Golf spielen kommt nicht infrage, da warten ja nur die Paparazzi und die Journaille. „Man könnte ja auch mal dieses Yoga ausprobieren“, denkt er sich. „Für neue Sachen ist man nie zu alt.“
Hoeneß liegt mit Heizkissen auf der Couch. Der Rücken. Blödes Yoga.
„Vielleicht sollte ich doch mal schauen, wie es bei Bayern ohne mich läuft“, denkt er sich. Er wählt die Nummer von Kalle Rummenigge. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, sagt die Stimme im Telefon. Dann halt Brazzo. Es ist besetzt.
„Ach ja, der Horst-Erik van Dongen macht ja gerade den Medizincheck bei Manchester United und der Hasan wollte schnell nochmal nachhaken, ob sich da nicht doch noch was machen lässt“, erinnert sich Hoeneß.
Einer seiner Enkel hat ihm die vierstündige BVB-Doku auf Amazon angemacht. „Wird dir gefallen, Opi“, meint er. Und tatsächlich, Hoeneß hat sich selten so amüsiert. „Was für Verlierer“, lacht er, als die Borussia die Meisterschaft verspielt.
„Endlich mal ein Deutschland-Spiel ohne den ganzen Stress und Druck gucken“, freut sich Hoeneß.
Hoeneß ist eingeschlafen.
Hoeneß Frau tippt das vereinbarte Codeword „Semmelbrösel“ in ein gut verstecktes Prepaid-Handy. Der Empfänger weiß Bescheid und leitet die vereinbarten Maßnahmen ein. An der Säbener Straße wird ein Büro im Seitenflügel (links neben dem Bälleraum) originalgetreu nach dem alten Modell Hoeneß eingerichtet. Eine Tapete simuliert ein Fenster mit Blick auf den Trainingsplatz.
Es piept auf dem Handy von Susanne Hoeneß. „H. kann gerne ab Morgen in seinem neuen Büro ‚arbeiten‘. Grüße, Kalle“, steht da. Sie blickt auf den schlafenden Uli, dann stellt sie den Fernseher aus und murmelt: „Es ist das beste für den Verein, für den Uli und für unsere Familie.“