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Konstantin Keller·4. Februar 2018

Regionalliga-Rauswurf? Babelsbergs Konflikt mit dem NOFV

Artikelbild:Regionalliga-Rauswurf? Babelsbergs Konflikt mit dem NOFV

Das Brandenburger Derby zwischen dem SV Babelsberg 03 und Energie Cottbus im April vergangenen Jahres hatte weitreichende Folgen. Beide Vereine erhielten für das Verhalten ihrer Fans Strafen, das Verhältnis wirkte allerdings sehr fragwürdig. Nulldrei wehrt sich gegen die Strafe und verweigert die Zahlung, dem Verein droht nun tatsächlich ein Lizenzentzug.

Doch der Reihe nach: Beim Duell der beiden Vereine hatten Personen im Cottbusser Block Hitlergrüße gezeigt und antisemitische Gesänge in Anlehnung an das Vernichtungslager der Nazis in Auschwitz („Arbeit macht frei, Babelsberg 03“) angestimmt. Aus der Babelsberger Kurve kam die Antwort „Nazischweine raus“.


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Zweimal war das Spiel zudem unterbrochen, als vermummte Personen aus dem Energie-Sektor auf den Platz stürmten, zudem brannten beide Seiten Pyrotechnik ab.

Menschenverachtende Gesänge wurden zunächst ignoriert – die Babelsberger Antwort jedoch nicht

Die Folgen: Ein Geisterspiel und 16.000 Euro Geldstrafe für Energie Cottbus, begründet mit dem Einsatz von Pyrotechnik sowie dem Platzsturm. Die menschenverachtenden Gesänge wurden im Urteil gegen den FCE allerdings nicht erwähnt – wohl aber die „Nazischweine“-Antwort aus der Heimkurve im Karl-Liebknecht-Stadion, ebenso wie die Pyrotechnik. Nulldrei sollte 7.000 Euro Strafe bezahlen.

Der NOFV, der das Urteil ausgesprochen hat, erklärte in einem ersten Statement, der Ruf aus der Babelsberger Kurve sei nur im Urteil erwähnt, um Vollständigkeit zu gewährleisten. Später wurde erklärt, bei der Auswertung des Spielberichts vom Schiedsrichter seien schlichtweg zu viele Sätze kopiert worden. Warum der Punkt bei der Anklageliste gegen den Potsdamer Klub an erster Stelle steht, kann der NOFV aber in beiden Fällen nicht erklären.

Zwischenzeitlich verkündete der vom Verband eingesetzte Richter Stephan Oberholz, er habe keine rassistischen Ausfälle sehen oder hören können, obwohl er angeblich Mitschnitte und Filmmaterial aus den sozialen Netzwerken selbst ausgewertet hat. Dabei existieren genug Fotos und Videos, die die Vorfälle rund um das Spiel gut dokumentieren, auch der bei der damaligen TV-Übertragung eingesetzte rbb-Kommentator hatte sich klar und deutlich gegen die menschenverachtenden Rufe positioniert.

Nach offenem Brief äußerte DFB-Vizepräsident Koch Zweifel am Urteil – der DFB intervenierte

Nach einem offenen Brief des Präsidiums des SVB an den DFB sorgte dieser dafür, dass der Richter das Verfahren gegen Energie Cottbus neu aufnahm. DFB-Vizepräsident Rainer Koch äußerte „erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit“ – und nun gab das Gericht eigene Fehler und die nicht zu überhörenden rechten Parolen doch zu, der Lausitzer Klub sollte wegen „rechtsradikaler und antisemitischer Verfehlungen“ 5.000 Euro Strafe zahlen.

Dagegen gingen die Cottbusser wiederum in Berufung – und hatten wegen eines „eines Verfahrenshindernisses“ Erfolg. Die Strafe wurde insgesamt sogar auf 6.000 Euro reduziert, wenngleich zum nächsten Gastspiel der Rot-Weißen in Babelsberg keine Energie-Fans anreisen dürfen.

Dennoch – sieht man die Strafe gegen Cottbus für insgesamt drei Vorkommnisse im Verhältnis zu den vergleichsweise harmlosen Vergehen der Babelsberger Anhänger, die 7.000 Euro kosten soll, bleibt ein sehr fader Beigeschmack. Und: Der Ruf „Nazischweine raus“ steht nach wie vor in der Begründung für das Urteil gegen Nulldrei.

Babelsbergs Präsident will für Pyrotechnik zahlen – nicht aber für den Widerstand gegen Rassismus und Antisemitismus

Babelsbergs Präsident Archibald Horlitz verweigerte aufgrund dieser Tatsache die Zahlung der Strafe gegen seinen Verein, da er laut eigener Aussage zwar vollkommen versteht, dass für Verstöße mit Pyrotechnik bezahlt werden muss, allerdings nicht nachvollziehen könne, dass ein Ruf gegen Nazis Teil der Begründung für das Urteil sein soll.

„Die Strafe für die Pyros zahlen wir“, betonte Horlitz gegenüber der „BZ“. „Aber nicht dafür, dass wir uns laut gegen Rassismus und Antisemitismus gewehrt haben. Das ist unser Recht!“ Zudem beklagte das Präsidium der Landeshauptstädter in einem offenen Brief an den NOFV, das eigene Anliegen beim Verband nie persönlich vortragen zu können.

Nulldrei droht Lizenzentzug – wird der Konflikt vor einem ordentlichen Gericht fortgesetzt?

Der Landesverband äußerte sich zu diesem Vorfall nicht mehr, eine Anfrage des „Spiegel“ blieb laut Auskunft des Magazins ebenfalls unbeantwortet. Es scheint nun allerdings sehr wahrscheinlich, dass Nulldrei die Regionalligalizenz entzogen wird – ein Szenario, auf dass Präsident Horlitz vorbereitet ist. „Wir werden dann sofort eine einstweilige Verfügung beantragen und vor ein ordentliches Gericht ziehen“, erklärte er gegenüber dem „Spiegel“.

Generell ging er mit dem NOFV hart ins Gericht. „Bei diesem Verband tendiert die Lernkurve gegen null. Die regieren auf Kreisklasse-Niveau, strafen aber auf Bundesliganiveau.“

Währenddessen erreichen die Babelsberger Solidaritätsbekundungen aus verschiedensten Fankurven der Republik…

… und auch aus dem Ausland:

Montag wird die Zahlung überprüft – „Glaubwürdigkeit des NOFV steht auf dem Spiel“

An Montag will der NOFV nun überprüfen, ob die Strafzahlung eingegangen ist – Nulldrei hat in Person von Horlitz angekündigt, die Strafe nicht zu zahlen. DFB-Vizepräsident Erwin Bugar, der dem NOFV zugehörig ist, verkündete gegenüber dem „rbb“: „Wenn die Frist verstreicht, werden wir Konsequenzen daraus ziehen. Es geht nicht anders. Die Frage der Glaubwürdigkeit des NOFV steht auf dem Spiel.“

Grundsätzlich hat Bugar mit dem letzten Satz absolut Recht. Doch die Frage, ob die Glaubwürdigkeit des Verbandes in diesem Kontext tatsächlich von einer Strafzahlung oder einem stattdessen möglichen Lizenzentzug für den SV Babelsberg abhängt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

„Der NOFV macht hier irgendwelche Muskelspiele Richtung DFB“, hatte Babelsbergs Präsident im Interview mit dem „rbb“ einige Tage zuvor erklärt. „Nachdem der NOFV mit dem einzigartigen Vorgang konfrontiert wurde, dass der DFB gegen ein Urteil eingeschritten ist und sich des Falles angenommen hat, wurde dem NOFV sozusagen die gelbe Karte gezeigt.“

Wer wem am Ende welche Karte zeigen wird, wird sich am Montag herausstellen. „Rassismus die Rote Karte“ zu zeigen, wie vom DFB gerne öffentlichkeitswirksam gefordert wird, oder sich „für Fairplay, Vielfalt und Toleranz engagieren und gegen jegliche Formen von Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus in unseren Fußballstadien auftreten“, wie es der NOFV auf seiner eigenen Homepage fordert, sieht jedenfalls anders aus.