Kabak und Ayhan mit Militärgruß: S04 und Düsseldorf müssen reagieren | OneFootball

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Niklas Levinsohn·13. Oktober 2019

Kabak und Ayhan mit Militärgruß: S04 und Düsseldorf müssen reagieren

Artikelbild:Kabak und Ayhan mit Militärgruß: S04 und Düsseldorf müssen reagieren

Die türkische Nationalmannschaft sorgte beim 1:0-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Albanien mit einem Militärgruß für Empörung. Auch die Bundesliga-Profis Ozan Kabak, Kaan Ayhan und Kenan Karaman salutierten mit. Eine Aktion, die auch von Vereinsseite Konsequenzen haben muss.

Dass es diese vonseiten der Uefa geben sollte, dürfte klar sein. Die Regularien des europäischen Fußballdachverbands erlauben keine politischen Äußerungen. „Deshalb werden wir dem Verdacht definitiv nachgehen“, zitiert die ‚Welt‘ den Uefa-Pressechef Philip Townsend. Zum Vergleich: Die Schweizer Nationalspieler Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri wurden von der Fifa für das Zeigen des Doppelkopfadlers bei der WM 2018 jeweils mit Geldstrafen 8680 Euro belegt.


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Bloß ist unabhängig von der Reaktion der Uefa auch eine Reaktion der unmittelbar betroffenen Vereine erforderlich. In Deutschland sind das der FC Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf, bei denen Ozan Kabak (Schalke) sowie Kaan Ayhan und Kenan Karaman (beide Düsseldorf) unter Vertrag stehen. Auf dem vom türkischen Verband via Instagram veröffentlichten Foto salutieren die Bundesliga-Profis gemeinsam mit Mannschaftskameraden und Betreuern. Gewidmet ist das Foto den „tapferen Soldaten und Märtyrern“.

Viel deutlicher kann eine Unterstützung der Militäroperation der Türkei gegen kurdische Milizen an der nordsyrischen Grenze nicht aussehen. Nach Lesart der Regierung in Ankara handelt es sich dabei um Terroristen, die ein Sicherheitsrisiko für die Türkei darstellen. International stehen Recep Tayyip Erdoğan und seine Mitstreiter mit dieser Sicht der Dinge allerdings relativ alleine da.

Sollten Kabak, Ayhan und Karaman die offizielle Staatshaltung der Türkei mittragen, müsste man das zunächst einmal natürlich trotzdem so akzeptieren. Als Privatpersonen steht den Profis selbstverständlich eine Meinung zu, die auch keiner öffentlichen Rechtfertigung bedarf. Zumindest solange, wie diese Meinung nicht in einem öffentlichen Raum kommuniziert wird. Genau das ist jetzt ganz wortlos durch das Zeigen des Militärgrußes geschehen.

Nun stehen die Vereine in der Pflicht, darauf angemessen zu reagieren. Die Düsseldorfer haben am späten Sonntagnachmittag zunächst eine Stellungnahme veröffentlicht, in der Sportvorstand Lutz Pfannenstiel versichert, dass den Spielern „nichts ferner lag, als ein politisches Statement abzugeben. Beide Spieler stehen für die Werte, die unser Verein lebt.“ Bei dem Gruß habe „es sich lediglich um eine Solidaritätsbekundung für Soldaten und ihre Angehörigen“ gehandelt.

Die Fortuna verspricht weitere Aufarbeitung in einem persönlichen Gespräch mit Ayhan und Karaman, sobald diese von ihrer Länderspielreise zurückgekehrt sind. Ansonsten heißt es dort noch: „Fortuna Düsseldorf distanziert sich in aller Deutlichkeit von jeglicher vermeintlich politisch motivierter Handlung, die gegen die Werte des Vereins verstößt. (…) Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen aktiv entgegen.“

Artikelbild:Kabak und Ayhan mit Militärgruß: S04 und Düsseldorf müssen reagieren

Gerade vage genug, um sich nicht in einem der zahlreichen Fallstricke zu verheddern, die dieses brisante Thema mit sich bringt. Es ist im Interesse des Klubs, sich schützend vor die eigenen Profis zu stellen und die Situation bestmöglich zu deeskalieren. Von daher ist die hier zum Ausdruck gebrachte Nicht-Haltung nachvollziehbar. Dabei wird jedoch unterschlagen, dass für die Wirkung des Militärgrußes die vermeintliche Intention von Ayhan & Co. unerheblich ist. Der propagandistische Nutzen, für den Staatschef Erdogan sicherlich dankbar ist, ist nicht von der Hand zu weisen.

Es ist eines der Privilegien des Fußballs bzw. des Sports im Allgemeinen, im Zweifelsfall auf seine politische Neutralität zu verweisen. Dieses Privileg ist jedoch auch eine Verantwortung, der die drei Bundesliga-Profis mit ihrer bestenfalls leichtsinnigen Aktion nicht gerecht geworden sind. Dafür müssen sie nicht ewiglich geächtet werden, Kabak zum Beispiel ist schließlich gerade Mal 19 Jahre alt. Sie haben ihre Vereine jedoch in eine Lage gebracht, in der eine klare Positionierung gegen die türkische Offensive in Nordsyrien zwingend erforderlich ist.

Erfolgt diese nicht, akzeptieren Schalke und Düsseldorf, mittelbare Unterstützer einer Operation zu sein, die schon jetzt ein völkerrechtliches und humanitäres Desaster ist.